Der Literaturkurs präsentiert
F. Dürrenmatts Physiker
Verrücktes Drama
von Philipp Arndt, OI
Nach einem Schuljahr Vorbereitung ist es am 8. Juni 1999 soweit. Unter der Regieleitung von Carola Zbirovsky–Baumgard und der Regieassistenz von Roland Klug präsentiert der Literaturkurs der Jahrgangsstufe 12 die Komödie „Die Physiker“ von Friedrich Dürrenmatt.
Schon eine halbe Stunde vor Beginn der Aufführung sind die 130 Sitzplätze der Blauen Halle fast komplett besetzt. Es läßt sich bereits das krankenhausgerechte, grün–weiße Bühnenbild, das mit großem Arbeitseinsatz gezimmert wurde, erkennen. Gespannt erwartet das Publikum das politik– und wissenschaftskritische Drama, das in einer amüsanten Überzeichnung den Ost–West–Konflikt des kalten Krieges und die Gefahr atomarer Waffen darstellt.
In einer Nervenklinik für schwerreiche Patienten stehen drei scheinbar verwirrte Physiker, Möbius, Ernesti und Beutler (Christoph Ullrich, David Vaeßen und Max Nüllen) im Brennpunkt. Alle spielen ihre Rollen ausgesprochen überzeugend, so wird Newton in jeder Situation als nüchterner, trockener und sachlicher Wissenschaftler, zum Teil witzig dargestellt. Ruhig stolziert er über die Bühne und zeigt sich von den aktuellen Tagesgeschehnissen unbeeindruckt. Durch höchste Erregung und hektisches Springen über die Bühne sowie durch gut dosierte Stimmgewalt wird Möbius' Verzweiflung offensichtlich. Die vierte Hauptrolle ist die der Neurologin Frl. Dr. Mathilde von Zahnd (Nadine Pungs), herzlose Inhaberin der Klinik, die nur nach dem Geld ihrer Patienten giert. Es ist beeindruckend, wie überzeugend Nadine Pungs die eiskalte, herrschsüchtige Chefärztin spielt, die sich im ständigen Wechsel zwischen aufgesetzter Freundlichkeit und unverschämten Zurechtweisungen artikuliert.
Der durchtriebene und arrogante Gesichtsausdruck bringen die ganze Boshaftigkeit zum Vorschein. Automatisch muß man die Patienten bemitleiden. Aber auch alle anderen Schauspieler, wie der Inspektor und das Personal der Anstalt, haben sich gut in ihre Rollen hineingefunden und die einzelnen Charaktere durch gelungene Mimik, Sprache und Bewegung angemessen verkörpert. Zuschauer: „Von diesen Schwestern möchte ich mich auch gerne behandeln lassen.“
Möbius hat physikalische Entdeckungen gemacht, die neue, vernichtende Waffensysteme ermöglichen. Er fürchtet die Folgen und spielt in seiner verzweifelten Lage den irren Wissenschaftler. Newton und Einstein, in Realität Spitzel des CIA und des KGB, versuchen beide, Möbius für ihre Zwecke zu gewinnen. Um ihre Geheimnisse nicht zu offenbaren, tötet jeder der drei Physiker eine Pflegerin. Zu spät erkennen sie die geistige Klarheit der anderen beiden, denn sie werden bereits gehalten wie in einem Gefängnis. Am Ende steht die völlige Verkehrung der Tatsachen, da sich zeigt, daß Frl. Dr. Von Zahnd die einzig wirklich Wahnsinnige ist. Sie hat Möbius' Genialität lange durchschaut, ihm seine Manuskripte gestohlen und ist im Begriff, die Weltherrschaft an sich zu reißen. Für einen spontanen Begeisterungsausbruch im Publikum sorgt Oberpfleger Uwe Siewers (Holger Brockmann), da er in muskelbetonter Aufmachung die Bühne betritt – zur Verzückung der Damenwelt.
Insgesamt überzeugen die Laiendarsteller in ihren schlichten, originalgetreuen Kostümen durch verblüffend gute schauspielerische Leistungen. Sie erheitern durch zahlreiche komische Einlagen immer wieder das Publikum und sorgen für einen kurzweiligen Abend. Ein minutenlanger Applaus würdigt die respektable Leistung. Auch die Schauspieler selbst sind „sehr zufrieden“. „Gegenüber der Generalprobe war der Auftritt eine 100-prozentige Steigerung“, so Christoph Ullrich, „ein Super-Publikum“. Ebenso glücklich, und stolz auf ihre im Durchschnitt 18-jährigen Zöglinge, ist Frau Zbirovsky-Baumgard: „Sie haben sich heute selbst übertroffen, die meisten Anregungen umgesetzt und sogar sehr viel eigenes dazugegeben!“
Der Erlös des Getränke– und Essensverkauf kommt dem leukämiekranken Julian Dittmer zugute. Eine Photo–CD mit vielen Schnappschüssen der Aufführung ist für DM 7,99 bei Herrn Fell erhältlich.
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